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Markus Henkel

§ 6a GOÄ

Konsequenzen aus dem BGH-Urteil

Das Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom Juni dieses Jahres, wonach auch niedergelassene Ärzte ihr Honorar bei der Behandlung stationärer Wahlleistungspatienten um 15 Prozent mindern müssen, ist mit Verkündung rechtskräftig (siehe zum Urteil DER RADIOLOGE 7-2002, Seite M 131). Daran ändert auch die inzwischen eingelegte Verfassungsbeschwerde zunächst nichts. Erst mit einer positiven Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts könnte diese Rechtswirkung beseitigt werden. Was also muss in Zukunft beachtet werden, wann muss gemindert werden?

Der BGH hält die Minderungspflicht deshalb für geboten, weil Wahlleistungspatienten denselben tagesgleichen Pflegesatz zahlen müssen wie Regelleistungspatienten. Nachdem in diesem Pflegesatz Leistungen externer Ärzte für Regelleistungspatienten enthalten sind, ist der Wahlleistungspatient einer Mehrbelastung ausgesetzt, die durch die Minderung nach § 6a GOÄ ausgeglichen werden muss.

Keine Minderung erforderlich

Diese Konstellation liegt in folgenden Fällen nicht vor, so dass hier unserer Meinung nach eine Minderung auch weiterhin nicht erfolgen muss:

· Behandlung von stationären Patienten aus Privatkliniken, in denen entweder ein Pflegesatz für Regelleistungspatienten gar nicht existiert oder für Regelleistungs- und Wahlleistungspatienten ein unterschiedlicher Pflegesatz gilt.
· Behandlung von stationären Belegarztpatienten, gleichgültig ob es sich um ein ausschließliches Belegkrankenhaus handelt oder um eine Belegarztabteilung. Hier gilt ein gesonderter Pflegesatz für Belegpatienten.
· Behandlung von stationären Wahlleistungspatienten, die bei der Bundesknappschaft versichert sind, in den Fällen, wenn nach den geminderten Steigerungssätzen auf Grundlage des Vertrages zwischen der Bundesknappschaft und dem Verband der Leitenden Krankenhausärzte Deutschlands (VLK) abgerechnet wird. In diesen Steigerungssätzen ist die Minderung schon berücksichtigt.
· Behandlung von Privatpatienten aus der Chefarztambulanz.
· Abrechnung mit dem Krankenhaus auf Basis der GOÄ für die Versorgung von Regelleistungspatienten.

Korrekte Abrechnung der Minderung

Nach den Vorgaben der GÖÄ muss bei der Anwendung der Minderung auf Folgendes geachtet werden:

· Die Minderungspflicht gilt zunächst für alle stationären Versorgungsformen, also auch für die prä-, post- und teilstationäre Behandlung.
· Der Minderungsbetrag ist in der Rechnung gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 3 GOÄ aufzuführen.
· In den neuen Bundesländern berechnet sich die Minderung erst von dem Betrag, der sich nach dem Abzug des Ostabschlages von derzeit zehn Prozent ergibt.
· Es muss nicht die Rechnungsendsumme, sondern nur das Honorar gemindert werden.
· Porto- und Versandkosten, Entschädigungen sowie insbesondere sonstige Sachkosten (Kontrastmittel) nach § 10 GOÄ sind ungemindert berechnungsfähig.
· Die Minderung sollte unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Nacherhebung für den Fall eines Erfolges der Verfassungsbeschwerde erfolgen.

Erstattung der Minderung durch das Krankenhaus?

Die Frage, ob gegen die Krankenhäuser Ansprüche in Höhe des Minderungsbetrages geltend gemacht werden können, wird derzeit geprüft. Sie sollten diese Beträge deshalb auf jeden Fall abrufbar quantifizieren.

Rückforderungen

Es liegen bereits erste Schreiben von Privatversicherungen vor, mit denen rückwirkend der Minderungsbetrag geltend gemacht wird. Dabei gilt es Folgendes zu beachten:

· Aus dem rechtlichen Grundsatz der ungerechtfertigten Bereicherung (§ 812 BGB) steht dem Privatpatienten ein Rückforderungsrecht des zu viel gezahlten Betrages zu. Die Minderungsverpflichtung besteht auch unter Berücksichtigung der BGH-Rechtsprechung erst seit Wegfall des Pflegesatzabschlages zum 01. Januar 1996. Diese Ansprüche verjähren grundsätzlich erst nach 30 Jahren. Rückforderungen von einzelnen Patienten sollten Sie deshalb nachkommen.
· So weit die Privatversicherung derartige Ansprüche für einzelne Versicherte geltend macht, sollten Sie sich die Abtretungserklärung des Patienten im Original vorlegen lassen und überprüfen, ob dieser nicht schon selbst die Rückforderung verlangt hat.
· Fordern Sie von der Versicherung den Nachweis der ungeminderten Bezahlung durch den Patieneten. Wer einen Anspruch - insbesondere aus abgetretenem Recht - geltend macht ist für den Bestand der Forderung darlegungspflichtig.
· Bei Rückforderungen sollten Sie ausdrücklich die Zahlung unter den Vorbehalt stellen, den Betrag im Falle eines Erfolgs der Verfassungsbeschwerde Ihrerseits wiederum einzufordern.
· Setzen Sie sich wegen derartiger Rückforderungen bitte mit der Geschäftsstelle des Berufsverbandes in München in Verbindung und melden Sie insbesondere Fälle, in denen Privatversicherer ohne Hinweis auf eine gesonderte Abtretungsvereinbarung für eine Vielzahl von Patienten pauschal Ansprüche stellen. Aus den Erfahrungen ist zu befürchten, dass unrechtmäßige Ansprüche seitens der Privatversicherer gestellt werden.