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Arzthaftung - Aktuelles BGH-Urteil:

Schaden durch Zusammenwirken:
Beide Ärzte verantwortlich

Ergibt sich die Gefährdung eines Patienten gerade aus dem Zusammenwirken mehrerer Ärzte oder einer Unvereinbarkeit der von ihnen angewendeten Methoden oder Instrumente, so ist eine Abstimmung der ärztlichen Leistungen erforderlich. Deshalb wurden eine Anästhesistin höchstrichterlich zu Schadensersatz verurteilt.

Fall: Während einer Schieloperation führte die Anästhesistin eine Ketanest-Narkose mit reinem Sauerstoff in hoher Konzentration durch. Zum Stillen von Blutungen durch Schließen der verletzten Gefäße setzte der operierende Augenarzt einen Thermokauter ein. Dabei kam es zu heftiger Flammenentwicklung, die Patientin erlitt schwere entstellende Gesichtsverbrennungen. Sie klagte auf Schadensersatz und konnte beweisen, daß ihre Verletzungen durch die Flammenbildung infolge des Zusammentreffens von Sauerstoff und Thermokauter entstanden waren.

Entscheidung: Die Anästhesistin wurde zum Schadensersatz verurteilt. Das Argument, die Gefahr einer Brandentstehung sei nicht vorhersehbar gewesen, hatte keinen Erfolg, da das besondere Risiko sich erst aus der Kombination der beiderseitigen Maßnahmen ergeben habe. Damit relativiert der BGH seine Rechtsprechung zum Vertrauensgrundsatz in einem besonderen Fall, die gerade für die auftragsgebundene Radiologie von Bedeutung ist. Gem. ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung - z. B. Urteil vom 26.02.1991 - VI ZR 344/98 - muß jeder Arzt bei ärztlicher Zusammenarbeit nur denjenigen Gefahren begegnen, die in seinem Aufgabenbereich entstehen. Er darf sich darauf verlassen, daßauch der Kollege des anderen Fachgebietes seine Aufgaben mit der gebotenen Sorgfalt erfüllt, ohne daßinsoweit einen gegenseitige Überwachungspflicht besteht, jedenfalls solange keine offensichtlichen Qualifikationsmängel oder Fehlleistungen erkennbar werden.

Stellungnahme: Die Entscheidung paßt, wenn auch direkt nur für gemeinsam (in der Regel also gleichzeitig) tätige Ärzte geltend, in den Themenkreis Abgrenzung der Verantwortungsbereiche in Überweisungsfällen, wenn man z. B. an das Erfordernis der ausreichenden Informationen über die Patientenvorgeschichte und vorher veranlaßte Maßnahmen denkt. Defizite können hier leicht zu Schäden führen. Man denke auch an die Arbeitsteilung in der Teleradiologie. Überall hier muß "überlappende Sorgfalt"angewandt werden, um Schadensfälle infolge von Informationsdefiziten zu vermeiden.

(BGH v. 26. 1. 99 - Az. VI ZR 376/97) uc