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§ 6a GOÄ
BGH entscheidet gegen die Ärzte

Der BGH setzt zunächst einen Schlußpunkt unter den seit 15 Jahren bestehenden Streit um den Anwendungsbereich des § 6a GOÄ - allerdings nicht im Sinne der betroffenen Ärzte:
Auch Niedergelassene und Krankenhausärzte, die stationäre Patienten eines anderen Krankenhauses behandeln, müssen ihre Honorarrechnung um 15% mindern.

Die am Verfahren beteiligten Berufsverbände der Pathologen und der Radiologen konnten in der mündlichen Verhandlung vor dem BGH nachweisen, daß der Privatpatient durch extern erbrachte Leistungen nicht zweimal mit den selben Kosten belastet wird und die bisher von den Krankenversicherungen behauptete Doppelbelastung deshalb nicht besteht. Im Pflegesatz des aufnehmenden Krankenhauses können nämlich Kosten für Leistungen externer Wahlärzte grundsätzlich nicht einkalkuliert sein. Der Wahlleistungspatient vergütet diese unmittelbar dem externen Arzt, so daß das aufnehmende Krankenhaus schon gar keine Kenntnis über Art und Umfang dieser Aufwendungen hat. Dies gilt generell, nicht nur in dem vorliegenden Verfahren. Wer aber deshalb glaubt, daß dem bisherigen Vortrag der Versicherung damit der Boden entzogen und das angefochtene Urteil deshalb auszuheben sei, sah sich durch die Entscheidung des obersten Deutschen Zivilgerichts bitter enttäuscht.

Der BGH deutet den § 6a GOÄ als Schutzvorschrift für Privatpatienten. Diese sollen durch die Vereinbarung von Wahlleistungen und der Zahlung des für alle Patienten gleichen allgemeinen Krankenhauspflegesatzes nicht mehrfach belastet werden. Dazu zählt aber nach der vom Gericht nachfolgend im Wortlaut abgedruckten Presseerklärung auch die Mehrbelastung aufgrund der Kosten im allgemeinen Krankenhauspflegesatz für Leistungen externer Ärzte für sozialversicherte Patienten. Diese Kosten werden somit vom Wahlleistungspatient anteilig mitgetragen, obwohl er die Kosten für die von ihm in Anspruch genommenen externen Ärzte unmittelbar bezahlen muß.

Im Ergebnis führt dies zu folgendem aberwitzig anmutenden Resultat: Ein niedergelassener Arzt oder Krankenhausarzt, der nicht am aufnehmenden Krankenhaus tätig wird, kann seine Leistung für einen sozialversicherten Patienten ungemindert dem Krankenhaus nach GOÄ in Rechnung stellen. Für die selbe Leistung, die er für einen Wahlleistungspatienten erbringt, muß er jedoch sein Honorar um 15% mindern. Nutznießer dieser Regelung ist unmittelbar das System der gesetzlichen Krankenversicherung. Dieses kann damit Kosten ausschließlich sozialversicherter Patienten teilweise auf Wahlleistungspatienten abwälzen. Sie werden vom leistenden Arzt durch seine Honorarminderung dem Wahlleistungspatienten unmittelbar rückvergütet.

Es erscheint mehr als fraglich, ob diese Konstellation aus verfassungsrechtlicher Sicht haltbar ist. Die beteiligten Verbände werden deshalb, sobald die schriftlichen Urteilsgründe der Entscheidung des BGH vorliegen entscheiden, ob der Fall vom Bundesverfassungsgericht zu klären ist.

Auch wenn wir mit vereinten Kräften nicht das gewünschte Ergebnis für unsere Mitglieder erreichen konnten, möchten wir uns an dieser Stelle ausdrücklich beim Berufsverband der Pathologen, der dieses Verfahren federführend betrieben hat für den unermüdlichen Einsatz der Geschäftsführerin, Frau Kempny und die beispielhafte Zusammenarbeit mit dem BDR bedanken.

Markus Henkel

Lesen Sie auch die Besprechung des Urteils auf der Homepage des Berufsverbands der Pathologen unter der Rubrik "Nachrichten"

Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle
Nr. 58/2002

Bundesgerichtshof entscheidet über Minderungspflicht nach § 6a GOÄ bei Leistungen externer Ärzte für Krankenhauspatienten

Nach § 6a der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) sind die nach der Gebührenordnung berechneten Gebühren bei vollstationären, teilstationären sowie vor- und nachstationären privatärztlichen Leistungen um 25 v.H. zu mindern. Handelt es sich um Leistungen von Belegärzten oder niedergelassenen anderen Ärzten, beträgt der Minderungssatz 15 v.H. Im Streitfall hatte der Beklagte, Chefarzt eines Instituts für Pathologie an einem Krankenhaus, auf Veranlassung von Ärzten anderer Krankenhäuser Gewebeproben der dort stationär aufgenommenen Patienten, die mit dem jeweiligen Krankenhaus wahlärztliche Leistungen vereinbart hatten, histologisch untersucht und ihnen diese Leistungen ohne Minderung nach § 6a GOÄ in Rechnung gestellt. Die Klägerin, der private Krankenversicherer dieser Patienten, erstattete ihren Versicherungsnehmern die entsprechenden Aufwendungen. Mit der Begründung, der Beklagte habe sein Honorar nach § 6a GOÄ um 15 v. H. mindern müssen, weil auch die vom Krankenhaus veranlaßten Leistungen Dritter als stationäre Leistungen im Sinne dieser Vorschrift zu betrachten seien, hat sie den Beklagten aus übergangenem Recht ihrer Versicherungsnehmer auf Rückerstattung der aus ihrer Sicht zuviel gezahlten Beträge in Anspruch genommen. Der Beklagte hat demgegenüber eingewendet, er sei zu einer Minderung seines Honorars nicht verpflichtet, weil er seine Leistungen in völliger wirtschaftlicher und technischer Unabhängigkeit von den Krankenhäusern erbringe, in denen die Patienten aufgenommen gewesen seien. Das Landgericht ist seiner Auffassung gefolgt, während das Oberlandesgericht der Klage stattgegeben hat.

Der unter anderem für das Dienstvertragsrecht zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die Revision des Beklagten entschieden, daß auch Leistungen externer Ärzte, die auf Veranlassung eines Krankenhausarztes im Zusammenhang mit der Behandlung eines stationär aufgenommenen Patienten erbracht werden, der Minderungspflicht des § 6a GOÄ unterliegen. Er hat dabei als entscheidend angesehen, daß es sich auch bei solchen Leistungen aus der Sicht des stationär aufgenommenen Patienten und aus dem Blickwinkel der Bundespflegesatzverordnung, die für die Vergütung vollstationärer und teilstationärer Leistungen der Krankenhäuser maßgebend ist, um (stationäre) Krankenhausleistungen handelt. Dem Gesichtspunkt, der in seiner eigenen Praxis tätige Arzt oder der Arzt eines anderen Krankenhauses könne zu einer Gebührenminderung nicht verpflichtet sein, weil er weder Einrichtungen, Leistungen noch Dienste des Krankenhauses in Anspruch nehme, in dem sich der Patient befinde, hat er keine entscheidende Bedeutung beigemessen. Er hat - wie bereits in seinem Urteil vom 17. September 1998 (III ZR 222/97) - ausgeführt, § 6a GOÄ diene dem Ausgleich der finanziellen Benachteiligung von Patienten mit stationärer privatärztlicher Behandlung, die sich daraus ergebe, daß die Vergütung privatärztlicher Leistungen neben dem Entgelt für die ärztliche Tätigkeit auch eine Abgeltung von weiteren Sach- und Personalkosten der ärztlichen Praxis enthalte, wobei mit dem Pflegesatz für das Krankenhaus Kosten ähnlicher Art abgegolten würden. Dem trage § 6a GOÄ durch die Pflicht zur Gebührenminderung in einer pauschalierenden Art und Weise Rechnung, ohne danach zu fragen, ob, bei wem und in welcher Höhe Sach- und Personalkosten für die Leistungen im Einzelfall entstünden. Auch wenn bei den hier in Rede stehenden Leistungen externer Ärzte Einrichtungen des Krankenhauses nicht in Anspruch genommen würden, ergebe sich eine die Anwendung des § 6a GOÄ rechtfertigende Mehrbelastung von Privatpatienten daraus, daß für sie derselbe Pflegesatz für ihren Krankenhausaufenthalt berechnet werde wie für sozialversicherte Patienten, bei denen mit dem Pflegesatz zugleich die von externen Ärzten erbrachten Leistungen abgegolten seien.

Urteil vom 13. Juni 2002 - III ZR 186/01

Karlsruhe, den 13. Juni 2002

Pressestelle des Bundesgerichtshofs, 76125 Karlsruhe, Telefon (0721) 159-422, Telefax (0721) 159-831


http://www.bundesgerichtshof.de/PressemitteilungenBGH/PM2002/PM_058_2002.htm

Die Entscheidung im Wortlaut